Metanavigation:

Hier finden Sie den Zugang zur Notfallseite, Kontaktinformationen, Barrierefreiheits-Einstellungen, die Sprachwahl und die Suchfunktion.

Navigation öffnen
© Charité | Wiebke Peitz

Aktuelles

13.02.2023

Neues Medikament für eine schnelle, bedarfsgerechte Selbstmedikation beim Hereditären Angioödem

Zurück zur Übersicht

Sie befinden sich hier:

Der Wirkstoff Sebetralstat könnte bisherige Therapieformen ablösen

Bei der Erbkrankheit hereditäres Angioödem (HAE) treten ohne erkennbaren Auslöser Schwellungen an einer oder mehreren Körperstellen auf. Insbesondere wenn die oberen Atemwege betroffen sind, kann eine sogenannte HAE-Attacke lebensgefährlich sein. Wirkstoffe zur Bedarfsmedikation sind bisher nur in Form von Injektionen und Infusionen verfügbar. In einer Phase-2-Studie unter Federführung des Universitätsklinikum Frankfurt und der Charité – Universitätsmedizin Berlin konnte nun erstmals gezeigt werden, dass ein oral verabreichter Wirkstoff wirksam ist. Die Therapie könnte die deutlich aufwendigeren und belastenderen Injektionen ersetzen.

Bei Patient:innen mit HAE liegt eine Veränderung im Erbgut vor. Die genetische Erkrankung manifestiert sich überwiegend im Kindes- und Jugendalter und bleibt bei den meisten Betroffenen ein Leben lang symptomatisch. Sie äußert sich in starken, örtlich begrenzten Schwellungen der Haut und der Schleimhäute, die an verschiedenen Körperregionen auftreten können. Bei Beteiligung der oberen Atemwege kann eine HAE-Attacke lebensgefährlich sein. Wenn in der Folge zum Beispiel ein Ödem am Kehlkopf entsteht, ist das eine der häufigsten Todesursachen bei HAE-Patient:innen. Behandlungsrichtlinien empfehlen deshalb, die Attacken so früh wie möglich zu therapieren. Studien haben gezeigt, dass eine schnelle Behandlung der Patient:innen die Zeit bis zur Symptomlinderung und die Gesamtdauer der Attacke erheblich verkürzt.

HAE-Attacken können sich über mehrere Stunden entwickeln oder ganz plötzlich auftreten. Die Häufigkeit variiert ebenso stark wie die Dauer. In den meisten Fällen ist kein direkter Auslöser der Attacken erkennbar. Diverse Ursachen stehen unter Verdacht, darunter Infektionen, Medikamente, psychischen Stresssituationen, Operationen, Traumen und Veränderungen des Hormonhaushalts. Wann und an welchem Körperteil die nächste Attacke auftritt, ist ebenso wenig vorhersehbar. Mit einer rechtzeitigen Bedarfsmedikation ist das hereditäre Angioödem allerdings gut behandelbar, so dass Patient:innen nicht durch unerwartete Attacken in Lebensgefahr geraten.

 

Orale Bedarfstherapie mit Sebetralstat
Derzeit zugelassene Therapien für HAE bestehen aus bedarfsgesteuerten und prophylaktischen Medikamenten, also Wirkstoffen zur akuten Behandlung oder Vermeidung von Attacken. Allerdings ist die Verabreichung bislang belastend: Die Patient:innen erhalten die Wirkstoffe durch Infusionen oder Injektionen. Diese Methoden benötigen Schulungsaufwand, sorgen für Zeitverzögerungen bei der Behandlung und können zu unerwünschten Nebenwirkungen wie Schmerzen und Überempfindlichkeitsreaktionen an der Infusions- oder Injektionsstelle führen. Mit dem nun oral verabreichten Wirkstoff konnten diese gravierenden Nebeneffekte vermieden werden. Sebetralstat erzielte eine schnellere Linderung der Symptome im Vergleich zum Placebo, verringerte den Schweregrad der Attacken und bewirkte eine signifikante Verlängerung der Zeit bis zur Anwendung einer konventionellen Behandlung. Es wird vom Körper schnell resorbiert und erreicht innerhalb einer Stunde die maximale Plasmakonzentration, die für die Symptomlinderung maßgeblich ist.

Basierend auf den positiven Ergebnissen der Studie wird derzeit eine klinische Phase-3-Studie mit Sebetralstat durchgeführt, bei der die Bedarfsbehandlung mit dem Wirkstoff erneut überprüft wird.

Aygören-Pürsün E, Zanichelli A, Cohn DM, Cancian M, Hakl R, Kinaciyan T, Magerl M, Martinez-Saguer I, Stobiecki M, Farkas H, Kiani-Alikhan S, Grivcheva-Panovska V, Bernstein JA, Li HH, Longhurst HJ, Audhya PK, Smith MD, Yea CM, Maetzel A, Lee DK, Feener EP, Gower R, Lumry WR, Banerji A, Riedl MA, Maurer M. An investigational oral plasma kallikrein inhibitor for on-demand treatment of hereditary angioedema: a two-part, randomised, double-blind, placebo-controlled, crossover phase 2 trial. Lancet. 2023 Feb 11;401(10375):458-469. doi: 10.1016/S0140-6736(22)02406-0. PMID: 36774155.

Links

zur Publikation
zur offiziellen Pressemitteilung

Kontakt

PD Dr. med. Emel Aygören-Pürsün
Angioödem-Ambulanz
Klinik für Kinder- und Jugendmedizin
Universitätsklinikum Frankfurt
E-Mail: emel.aygoeren@kgu.de
Internet: www.kgu.de

Prof. Dr. med. Marcus Maurer
Geschäftsführender Direktor des Instituts für Allergieforschung
Charité – Universitätsmedizin Berlin
E-Mail: marcus.maurer@charite.de
Internet: ifa.charite.de



Zurück zur Übersicht